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Die Kulturgeschichte des Essens

Das Essen ist eine der wichtigsten Tätigkeiten im Leben eines Menschen. Denn alles, was wir essen, wird irgendwann ein Teil von uns. Kaum verwunderlich also, dass Harald Lemke sich in seinem Essay auf die Suche nach der Kulturgeschichte des Essens macht. 

Als Leser begleitet man Sokrates mitten ins antike Marktgetümmel und ist dabei, als dem Philosophen Ludwig Feuerbach sein revolutionärer Satz „Der Mensch ist, was er isst“ einfällt. Lemke zeigt, woher die wenig wertschätzende Haltung der Deutschen zum Essen kommt und dass alles, was in Verbindung zur Nahrungsaufnahme steht, doch irgendwie seine Spuren im Denken der wichtigsten Philosophen hinterlassen hat.

Darüber hinaus betrachtet er die japanische Kultur eingehend. Japan ist offenbar das Land mit den meisten Sterneköchen. Lemke zeigt enge Verbindungen der Traditionen zum Zen-Buddhismus, vergleicht sie mit den chinesischen und schlägt einen Bogen zu dem Dokumentarfilm How to cook your life. Die Filmemacherin Doris Dörrie porträtiert hier einen Zen-Meister aus San Francisco, der Koch- und Brotback-Workshops anbietet:

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Ohnehin zeigt Lemke, dass sich viele aktuelle Moden wie Kochshows, Slow-Food, Veggie-Trends oder Urban Gardening aus der traditionellen Essenskultur ergeben haben. Eingehend widmet er sich beispielsweise dem Sternekoch Michael Hoffmann. Er kocht vorwiegend vegetarisch, baut das Gemüse selbst an und ist bemüht, möglichst die ganze Pflanze mit Blättern, Schale usw. zu verwenden:

 Talk mit Sterne-Koch Michael Hoffmann bei YouTube ansehen

Lemke widmet sich auch immer wieder den vielen Ritualen, die sich rund um die Nahrungsaufnahme abspielen. Beispielsweise betont er den Aspekt der Geselligkeit und Gastfreundschaft in der Kulturgeschichte des Essens und beruft sich dabei auf keinen Geringeren als Immanuel Kant. Der berühmte Philosoph war sehr gastfreundlich und hat seine Mahlzeiten oft durch interessante Gäste bereichern lassen. Damit lag er damals schon ganz im aktuellen Trend: Die App VizEat etwa bietet Interessierten die Möglichkeit, ein privat gekochtes Menü in der Stadt ihrer Wahl zu buchen. Jeder kann Gast oder Gastgeber werden und die Kochstile reichen von traditionell bis experimentell. Das besondere Erlebnis ist die gemeinsame Mahlzeit von Einheimischen und Gästen. 

Harald Lemke: Über das Essen. Philosophische Erkundungen. Wilhelm Fink Verlag, München. ISBN 978-3-7705-5793-6

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